Historische Holzbrücken der Schweiz bis 1850

210 Buholzer 211 Historische Holzbrücken der Schweiz bis 1850 D ie Brücke über das Tobel des Renggbachs verbindet die Lu- zerner Vorortgemeinde Kriens mit dem Eigenthal und der Gemeinde Schwarzenberg. Ur- sprünglich ermöglichte die heutige Brücke den Pilgern, die Wallfahrtskapelle Hergiswald, dessen Loretokapelle eine Schwarze Madonna aufweist, mit Karren und Fuhrwerk zu errei- chen. Die zunehmende Motorisierung ab den 1950er-Jahren, die touristische Entdeckung des Eigenthals und die zunehmende Bevölke- rung Schwarzenbergs (+ 64% von 1980 bis 2000) bescherte der 1790 erbauten Brücke aber ein anderes Schicksal. Sie wurde rigoros den Ansprüchen des Mehrverkehrs angepasst: Die hölzernen Streben wurden entfernt und durch Metallbänder ersetzt, das Dach wurde angehoben, um ein grösseres Durchfahrtspro- fil zu erhalten, und beidseitig wurde ein Fuss- gängersteg angebracht. Alle diese Massnah- men reichten aber nicht aus, um die 2000 Fahrzeuge, die mit einem Gesamtgewicht von rund 3000 Tonnen die Brücke täglich über- querten, zu bewältigen. Schwere Fahrzeuge wie Postautos und Lastwagen liessen sich von der Grösse her fast nicht mehr über die Brücke steuern. Ihr Gewicht setzte der Konstruktion arg zu, und wegen des Wassereintrags durch Fahrzeuge bei Regen und Schnee drohte das Holz zu verfaulen. 2012 kam eine neue Brü- cke neben die geschundene Holzbrücke, und deren Agonie war beendet. Fussgängersteg, Asphaltfahrbahn und Dacherhöhung wurden fachmännisch entfernt und fehlende Elemen- te wie Dachverstrebungen und Holzboden in hochwertiger Zimmermannsarbeit im Stil des Originals wieder ergänzt. Dabei wurde sorg- fältig darauf geachtet, die historische Bausub- stanz beim Holz so weit wie möglich zu erhal- ten. Heute ist die Hergiswaldbrücke die älteste erhaltene Holzbogenbrücke der Schweiz. Kriens LU HERGISWALD- BRÜCKE Ein Bild aus der Leidenszeit der für Karren und Fuhr- werke gebauten Brücke. Der Bus von 2002 (18 Tonnen bei Vollbesetzung) auf der vielfach verstärkten Brücke von 1790. Der «Rittersche Bogen» des Luzerner Holzwerkmeisters Kaspar Josef Ritter ist von historischer Bedeutung. Erst- mals verwendete er mehrere in einem aufwendigen Ver- fahren mechanisch gekrümmte, über- einander liegende Balken (S. 17). Die Verschalung der Bo- genbrücke mit der damals beachtlichen Spannweite betont mit einem Fenster den «Ritterschen Bogen». Das Portal schmückt ein Schnitzwerk im Louis-Seize-Stil. Das Original befindet sich heute im Rathaus- Museum in Luzern. Nach der Entfernung des Fussgängerstegs, der Asphaltfahrbahn und der Dacherhöhung ist das Brückeninnere mit wieder angebrach- ten Holzstreben und einem Fahrbahnbelag aus Eichenbohlen nahe dem Originalzustand. F Standort 661 060 / 208 490 Gemeinde Kriens H. ü. M. 635 m Gewässer Ränggbach Spannweite 32 m Breite 4 m Höhe 3.5 m Bedeckung Biberschwanz Verkehr Fussgänger Die elegante und schön proportionierte Brücke besitzt ein ausladendes Vordach mit hübschen Balkenstützen. Baujahr 1791 Holzbau Josef Ritter Renovation Zimmerei Bucher, Kriens Zweigelenkbogen, dreifach überplattet, unverzahnt, 6 Paar Hängepfosten Kulturgut von nationaler Bedeutung (KGS-Inventar) F F FF FF F F Quellen: Stadelmann, ICOMOS, KDM, IVS, HLS Bild: Werner Minder

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