Historische Holzbrücken der Schweiz bis 1850

274 Buholzer 275 Historische Holzbrücken der Schweiz bis 1850 TG 5 Felder mit doppelten Hängewerken, kräftige Quergebinde, oberer und unterer Verband, Seitenwände verschalt und mit Schindeln verkleidet Diessenhofen Gailingen D RHEINBRÜCKE ie erste Brücke ist 1292 er- wähnt. 1667 erfolgte auf den Pfeilern des Vorgängerbaus ein Neubau, der 1750 vollständig gedeckt war. 1799 wurde auch diese Brücke – wie viele andere auch – in Brand gesetzt. Diesmal waren es nicht französische, sondern russische Truppen, die sich auf dem Rückzug befanden. 1801 entstand eine provi- sorische Brücke aus Föhren- und Tannenholz, die nur Fussgängern, Vieh und kleinen Lasten zur Verfügung stand und deren mageren Zoll- einnahmen weder die Baukosten noch die Un- terhaltskosten decken konnten, weshalb die Diessenhofener sich verschulden mussten. Zudem war lange nicht klar, wem die Zollein- nahmen gehörten. Nach langwierigen Klä- rungen dieser Frage ging man 1814 zur Er- stellung einer neuen Brück. Allerdings traute man dem Frieden nicht. Die Stadtväter gaben die Weisung, den Bau zu verlangsamen, «da man nicht wisse, wie der Krieg ausgehe». Erst nach der endgültigen Entscheidung von Wa- terloo wurde wieder zügig gearbeitet. 1816 entstand die heutige Brücke, deren Durch- fahrtshöhe sich für die aufkommende Dampf- schifffahrt als zu gering erwies. 1856 wurde die Brücke innert fünf Tagen um 78 Zentime- ter angehoben und mit zusätzlichen Sattelhöl- zern auf den Pfahljochen unterlegt. 1924 erfolgte im Zuge einer umfangreichen Gesamtrenovation mit der Erhöhung der Mit- telfeldschalung eine weitere Massnahme zu- gunsten die Schifffahrt. 1944 bombardierten amerikanische Piloten den nördlichen Brü- ckenkopf und fügten der Brücke ernsthaften Schaden zu. Die USA zahlten 70 000 Franken an die Reparaturen. Die Brücke ist die einzige vollständig erhaltene Holzbrücke am Oberrhein und zählt heute zu den seltenen Exemplaren mit erhaltenen Pfahljochen aus dem 19. Jahrhundert. Standort Oberrhein Gemeinden Diessenhofen TG Gailingen D Koordinaten 698 519 / 283 064 H. ü. M. 397 m Gewässer Rhein Besitzer Stadt Diessenhofen Baujahr 1816 Holzbau Andreas Widmer, Stadt- werkmeister Schaffhausen Renovationen1996 Oberbau und Fahrbahn 2002 Brückenpfeiler Länge/Breite 86 m/6,5 m Bedeckung Schindeln Belastung 3,4 Tonnen Kulturgut von nationaler Bedeutung (KGS-Inventar) Die Brückenpfeiler bestehen jeweils aus einer Reihe von neun, 9,8 Meter langen Eichenpfählen, die durch Holzbalken und hölzerne Andreas- kreuze miteinander verbunden sind. Ein Relikt aus früheren Nachtwächterzeiten ohne durchgehende Öffnungszeiten: «ab- schliessbare» Tore. Die Seitenwände sind talseitig verschindelt, flussaufwärts mit einem Bretterschirm versehen. Über jedem Joch befindet sich ein doppeltes Hängewerk mit gespreiztem Strebenpaar sowie doppelten, verzahn- ten Streckbalken und Spannriegeln. Speziell ist ein Gitter, das im Dach der Brückenmitte an- gebracht ist und abgeklappt den Grenz- übertritt sperren kann. O O O O O O O O Quellen: Stadelmann, ICOMOS, KDM, IVS, HLS, Waldvogel, Etter D Die eingelassenen Fenster geben reizvolle Ausblicke frei.

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